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Neue Nachbarschaften
Innerstädtische Kommunikation als Bild und Strategie
Samstag, 21. April, 16 Uhr
Kreuzblume, Kardinal-Höffner-Platz, 50667 Köln

Mit unfassbarem Desinteresse werden mancherorts künstlerische Arbeiten und Stadtmöblierung, historische Architektur und aktuelle Planung nebeneinander geworfen. Wie kann man ein neues kommunikatives Miteinander von stadträumlichen Elementen herstellen? Wie kann eine produktive Wechselwirkung der Kunstwerke untereinander und zugleich mit ihrem Umfeld entstehen? Welche Möglichkeiten liegen in der Neuplatzierung und Neuinszenierung von Arbeiten entlang eines überarbeiteten Aufstellungskonzepts? Und welche Maßnahmen und Instrumente sind erforderlich, um eine ästhetisch-konzeptionelle Verwahrlosung öffentlicher Räume zu verhindern?
Gesprächspartner in einem Rundgang über und unter die Domplatte waren der Architekturtheoretiker Andreas Denk, die ehemalige Kölner Stadtkonservatorin Hiltrud Kier und der Architekt Ludwig Wappner.

Die Diskussion begann mit der Thematisierung der Situation Kreuzblume/Taubenbrunnen, die auf die Domumgebung übertragen wurde. Die drei Gesprächsprotagonisten suchten sich drei sehr unterschiedliche Standpunkte, die es ermöglichten, die nachbarschaftlichen Situationen rund um den Dom kontrovers zu diskutieren. Dabei wurde klar, dass die problematische Nachbarschaft von Kreuzblume und Taubenbrunnen als beispielhaft gelten kann. Besonders der Weg der Kreuzblume in den öffentlichen Raum ist bezeichnend: Ursprünglich als temporäres Modell für eine Ausstellung gedacht, blieb sie wegen des großen Bürger- und Touristeninteresses stehen, bis das Modell vom Sturm zerstört wurde. Die danach angefertigte Replik in Betonguss, die bis heute den Platz besetzt, verdrängt nun dauerhaft die Aufmerksamkeit für den Taubenbrunnen von Ewald Mataré, der damit schon vor dem Bau der Domplatte ein zurückhaltendes Nachkriegs-„ Monument“ und Friedenssymbol geschaffen hatte. Die schleichende Verewigung solcher Objekte im öffentlichen Raum lässt Warnungen als durchaus begründet erscheinen: Was temporär gedacht ist, sollte es auch bleiben. Und Akkumulationen dieser Art scheinen darüber hinaus zu weiteren unsensiblen Objektplatzierungen einzuladen. Wo sich Hildtrud Kier als ehemalige Stadtkonservatorin entschieden für den präzisen kulturellen Umgang mit Artefakten aussprach (zum Beleg führte sie zu einer noch skurrileren Situation ins Parkhaus unter der Domplatte, wo sich inmitten der Autos nur für versierte Besucher sichtbar der älteste Brunnen Kölns findet), verwies Andreas Denk mit schelmischer Attitüde auf die Schönheit solch urbaner Situationskomik und brach eine Lanze für Parkpoller und Co. Seiner Ansicht nach stellen gerade die in diesen äußerst ungeschickten Gesten sichtbaren städtischen Kommunikationen das Potenzial dar, an dem sich die wohlsortierte Stadt bricht und wieder als Verhandlungsraum öffnet. Was wäre die Stadt ohne diese Brechungen und Verwerfungen anderes als ein kontrollierter abhanden gekommen ist? Natürlich musste die Position von Ludwig Wappner hier gegenhalten, da sein Büro mit der Neuordnung der gesamten Domplatte beauftragt ist. Zwischen der Sympathie für solch kreative Unordnung und dem Willen einer eingängigen und kulturell prägnanten Organisation des Stadtraums sah er allerdings Möglichkeiten. Neben den aktuellen Planungen wurden die Umstände und hochkomplizierten Verhandlungen deutlich, die nötig sind, um alle Anlieger einer städtischen Situation zusammenzubringen. Die Einzelinteressen aller Eigentümer, Institutionen, Architekten und Künstler zum Beispiel, die sich um den Dionysoshof gruppieren, abzugleichen und die schwierige Situation neu zu entwickeln, scheint für einen konsequenten Entwurf eine schier unüberwindbare Barriere. Letztlich wird am Beispiel der Arbeit „Ma’alot“ (Heinrich-Böll-Platz) von Dani Karawan deutlich, wie Künstler mit ihrem Urheberrecht und einer starren Haltung zukunftsfähige Entwicklungen ganzer Stadtquartiere verhindern können. Wenn Kunst am Leben und der Wandlungsfähigkeit der Stadt aktiv teilnehmen will, muss sie sich selbst die Frage stellen, ob und wie lange eine Arbeit an einem Ort Sinn macht oder ob eine Modifikation geboten ist. Das sture Beharren auf dem verbrieften Bleiberecht instrumentalisiert den öffentlichen Raum als Privatmuseum des Künstlers und stellt ihn außerhalb dynamischer Stadtentwicklungsdiskussionen. Dass Arbeiten in diesem Sinne an einem Ort aus dem Kontext geraten, spricht für die geplante Einrichtung des „Archivs für ungenutzte Kunst“. Wenn solche Arbeiten, jenseits einer immer auch aktuellen Geschmacksurteilen unterworfenen Bewertung ihrer Qualität, im städtischen Raum verbleiben sollen, um einer entsprechenden „Tabula Rasa“-Politik vorzubeugen, empfiehlt sich die Einrichtung eines Ortes im Zentrum der Stadt, an dem sich solche Arbeiten regenerieren und neu überdacht werden können. Daher erscheint ein „Archiv für ungenutzte Kunst“ auf dem Roncalliplatz sinnfällig, weil die Arbeiten hier nicht als „weggeräumt“ deklassiert werden können. Im Gegenteil: In der dekontextualisierten Situation auf der Domplatte, die in sich selbst das Bauwerk musealisiert und aus der Fluktuation städtischer Gestaltungsdiskurse heraushebt, macht solch ein Archiv Sinn. Hier können solche Arbeiten, präsentiert auf Sockeln, die der Formensprache der Außenpräsentation des Römisch-Germanischen Museums entlehnt sind, neu wahrgenommen werden und eventuell neue Orte für ihre Zukunft finden. Dass das Außenraumarchiv für antike Bauartefakte gespiegelt wird und seine Entsprechung in einer aktuellen Archäologie öffentlicher Kunst findet, scheint sinnfällig. Einer der ersten Kandidaten aus dem näheren Umfeld könnte so der Dionysos selbst sein, dessen bereits durch den Bau des Museum Ludwig unverständlich gewordener Kontext durch die aktuellen Umgestaltungsarbeiten wahrscheinlich endgültig verloren gehen wird.

Statements
Gute Nachbarschaften sind auf gute Beziehungen untereinander gegründet. Die Stadt produziert durch ihre heterogenen Elemente heterogene Sequenzen, in denen historische und aktuelle Geschichte ineinander fließen und in Nachbarschaften miteinander kommunizieren. Um das sinnvolle Nebeneinander dieser Elemente zu garantieren, bedarf es einer intensiven Kommunikation zwischen städtischen und administrativer Verantwortungsträgern. Die fatalen Situationen entstehen im Wesentlichen durch die Missachtung der Interessen des Anderen bzw. den fehlenden Austausch von Informationen, Interessen und Hintergründen. Sinnvoll wäre die Schärfung des Blicks für die gegenseitigen Perspektiven und Standpunkte in dafür geeigneten Gruppen oder Gremien. Das Verständnis für den Anderen bedingt eine erhöhte Aufmerksamkeit jenseits des eigenen Tellerrandes.

Spielerischer Umgang mit den Heterogenitäten und das Nutzen von ungewöhnlichen Konstellationen erhält der Stadt eine vitale und überraschende Komponente. Überregulierung und Disziplinierung schaden den innovativen Entwicklungsmomenten, die nicht geplant werden können, sondern aus dem Unbekannten und Unerwarteten entstehen. Die Stadt muss darüber nachdenken, wie sie solche Phänomene, die sich an ihren Rändern, an den Nahtstellen zwischen den Themen, im Übergangsbereich zwischen den Disziplinen feststellen lassen, strukturell integrieren kann. Freie Zonen für eigenwillige Aktivitäten, unbesetzte Orte, die den Menschen überlassen werden, oder Flächen jenseits ökonomischer Zwänge könnten helfen, die kreativen Potenziale in der Stadt zu halten.

Bei der Gestaltung öffentlicher Räume muss jeder Einzelne seine privaten Interessen, die er dort einbringt, kritisch überprüfen. Ob etwas Bestand haben oder dem Neuen Raum geben muss, bleibt jeweils von Fall zu Fall zu diskutieren. Ob Architekten oder Künstler: Ewige Bleiberechte im öffentlichen Raum sind fragwürdig und zu diskutieren. Wer sich Entwicklungsnotwendigkeiten verschließt, stellt sich selbst außerhalb von „natürlichen“ Aktualisierungsprozessen. Gleichzeitig gilt es, den rein ökonomisch motivierten Wachstumswellen Einhalt zu gebieten und die Stadt als komplexen Zeit-Raum- Körper zu erhalten. Wer historische Zeugen sinnlos durch Neues ersetzt, verspielt die Chance einer Stadt zwischen Geschichte und Zukunft, eines Diskurses der Dekaden und Jahrhunderte, der sich in der Stadt verräumlicht.

    
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